Vollzugshelfer zu sein bedeutet offiziell: „als freiwilliger Mitarbeiter des Berliner Justizvollzuges dem Inhaftierten zu helfen das Vollzugsziel zu erreichen“. Durch Solidarität und mitmenschliche Zuwendung unterstützen wir den Gefangenen darin seine Straftat zu reflektieren um künftig ein Leben ohne Straftaten zu führen und gleichzeitig geht es darum Vorurteile gegenüber Strafgefangene in der Gesellschaft abzubauen.

Schwulsein im Strafvollzug bedeutet doppelte Isolation: als Strafgefangener isoliert von der Gesellschaft außerhalb der Mauern, als Schwuler Mann und „Exot“ innerhalb der Mauern und in der Knast- Hierarchie ganz unten, ständig der Gefahr ausgesetzt, von den anderen Mithäftlingen angefeindet und ausgegrenzt zu sein (aber nicht nur Mitgefangene agieren Homophob).

Als Mitarbeiter der Haft- AG von Mann-O-Meter besuche ich einen Häftling alle zwei Wochen für etwa 1 Stunde im Gefängnis.

Durch kontinuierliche und regelmäßige Treffen und Gespräche, durch zuhören und nachfragen versuche ich präsent zu sein. Mir ist es wichtig, Aufmerksamkeit und Respekt zu geben, an jemanden der Respekt vielleicht nie bekommen hat- sonst wäre er wahrscheinlich nicht straffällig geworden.

Wenn ich „meinen“ Gefangenen besuche erfahre ich viel von seiner Geschichte, aber vor allem über seinen Haftalltag. Ich gebe ihm Gelegenheit als schwuler Mann mit einem anderen schwulen Mann sprechen zu können, ohne sich in seiner Rede verstellen und verstecken zu müssen.

Über die Tat sprechen wir auch, aber diese steht nicht so sehr im Vordergrund- wichtiger ist es einen Ausgleich zu schaffen aus dem täglichen Knastalltag, den Anfeindungen, dem Frust. Ich kann mir den Luxus leisten, mir eine eigene Meinung über den Menschen zu bilden ohne zu (ver-)urteilen, da eine Verurteilung des Täters bereits durch die Judikative und „im Namen des Volkes“ erfolgt ist.

Das ist nicht immer leicht – aber spannend. Und lehrreich.

Wäre ich nicht Vollzugshelfer, dann wäre ich gerne Sinologe, Apnoetaucher oder Kosmonaut.

 

Ewald A.

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